20160519/SZ/Löw: "Ich benötige zwei Mannschaften"

https://www.sueddeutsche.de/sport/joachim-loew-im-interview-ich-benoetige-zwei-mannschaften-1.2998776

19. Mai 2016, 18:52 UhrJoachim Löw im Interview"Ich benötige zwei Mannschaften"

Jogi Löw beim Freundschaftsspiel Deutschland-Argentinien 2014 in Düsseldorf.

Bundestrainer Löw über den deutschen EM-Kader, die nominierten Nachwuchstalente Brandt, Kimmich, Sané, Weigl - und seine Sehnsucht nach Typen wie Lahm und Klose.

Interview von Klaus Hoeltzenbein und Philipp Selldorf

Herr Löw, am Samstag sitzen Sie beim Pokalfinale im Berliner Olympiastadion auf der Tribüne. Welche Erwartungen haben Sie an dieses Spiel?

Löw: Große Erwartungen. Bayern gegen Dortmund ist das Beste, was derzeit in Deutschland zu sehen ist. Beide Mannschaften sind fußballerisch am weitesten entwickelt. Dortmund war in den letzten zwei, drei Spielen vielleicht nicht in der Topverfassung, aber ich denke, dass sie es schaffen, noch mal hochzufahren, so dass es ein Spiel auf Augenhöhe wird. Für mich wird es taktisch sehr, sehr interessant. Beide spielen ja einen ähnlichen Fußball, sie kommen über den Ballbesitz, die gute Raumaufteilung. Und dann ist für mich natürlich die Beobachtung der Nationalspieler wichtig: Form, Physis, mentale Stärke.

Es wird Guardiolas Abschiedsspiel aus Deutschland, und es ist auch das letzte Spiel von Mats Hummels im Dortmunder Trikot. Für Brisanz ist gesorgt. Wie erleben Sie drei Wochen vor der EM so ein Duell: Bangen Sie bei den Zweikämpfen Ihrer Nationalspieler?

Für mich ist es schon wichtig, dass sich niemand verletzt ...

... Vor der WM 2014 haben Sie von der Ehrentribüne aus verfolgen müssen, wie Manuel Neuer aus seinem Tor bis zur Seitenlinie raste, den damaligen Dortmunder Robert Lewandowski abgrätschte und sich an der Schulter verletzte. Durchzuckt es einen da nicht - ein Bundestrainer muss ja das Gemeinwohl im Auge haben?

Es sah zunächst ja nicht danach aus, dass Manuel Neuer ein größeres Problem haben würde. Man hat gemerkt, dass er was an der Schulter hatte, aber er spielte durch. Und eines muss man klar feststellen: Das ist Manuels Spielweise. Das hat ihn stark gemacht, das wollen wir von ihm sehen: dass er mitdenkt, mitspielt, quasi als Libero fungiert. So wie auch bei der WM, nicht nur im Achtelfinale gegen Algerien. Seine Spielweise hat natürlich Risiken, die aber nimmt er, nehmen wir in Kauf.

Fürchten Sie nicht, dass dieses Finale Einfluss auf Ihre ohnehin sehr kurze Zeit im Trainingslager haben wird?

Anfangs vielleicht, es wird ja wieder Gewinner und Verlierer geben. Und die Verlierer werden zunächst enttäuscht sein, klar. Aber der Fokus wird von uns dann schnell auf die EM gerichtet. Bis auf Toni Kroos, der mit Real Madrid noch das Champions-League-Finale spielen muss, und Lukas Podolski, der noch im türkischen Pokalfinale steht, sollten ab nächsten Dienstag in Ascona alle dabei sein.

In Thomas Tuchel und Pep Guardiola stehen sich jene zwei Trainer gegenüber, die in der Bundesliga zuletzt die größte Wirkung auf die Trainerlehre hatten. Wenn Guardiola die Liga nun verlässt, stellt sich die Frage: Wie sehr hat er sie geprägt, vielleicht auch Ihre Arbeit beeinflusst? Gibt es da so etwas wie ein Erbe?

Wir haben bei der Nationalmannschaft ja schon in den Jahren davor immer ein wenig nach Spanien geschaut. Das war das Maß aller Dinge. Der Fußball dort, von der Nationalelf, vom FC Barcelona, hat uns inspiriert. Die Konsequenz in der Ausbildung, die Konsequenz im Spiel, das ist schon die höchste Fußballkultur. Guardiola wird durch das Ausscheiden in der Champions League jetzt teilweise etwas kritisch beurteilt.

Und wie denken Sie darüber?

Ich finde völlig zu Unrecht, weil Guardiola in diesen drei Jahren unheimlich viel bewegt hat, weil er Spieler in der täglichen Arbeit besser gemacht hat, weil er den FC Bayern insgesamt noch mal auf ein anderes Fußballniveau gehoben hat. Bayern ist in puncto Dominanz, Spielstärke, Raumaufteilung vorbildlich, das ist seine Handschrift. Er hat dem FC Bayern, der Bundesliga seinen Stempel aufgedrückt. Ich bedauere, dass er Deutschland verlässt.

Ist es für Ihre Arbeit von Vorteil, dass im Finale Mannschaften stehen, die eine ähnliche Strategie verfolgen, wie Sie es bei der Nationalelf tun?

Wir sagen nicht: Jetzt wollen wir spielen wie die Bayern oder wie die Dortmunder. Wir haben unsere eigene Philosophie, unsere eigene Spielauffassung. Es ist ja auch nicht mehr so, dass die Nationalmannschaft von großen Blöcken bestimmt wird. Weder aus München noch aus Dortmund.

Das lässt sich an Ihrem EM-Aufgebot ablesen: Von 27 nominierten Spielern stammen lediglich acht aus den beiden deutschen Top-Mannschaften.

Es gab Phasen, vor 2014, da waren sieben, acht Bayern-Spieler dabei. Jetzt haben wir Neuer, Boateng, Götze, Thomas Müller und Kimmich. Bei Dortmund sind es Hummels, Reus und Weigl. Natürlich kann es ein Vorteil sein, eine Blockbildung zu haben. Aber entscheidend ist für mich die Qualität der einzelnen Spieler.

Außer der demokratischen Vielfalt - die 27 Spieler kommen aus 17 Vereinen - fällt an Ihrem Kader ein Trend zu Talenten auf. Und dabei fehlen sogar einige Empfehlungen: Der Leverkusener Tah, der Gladbacher Dahoud oder der Schalker Goretzka ...

... Auch diese Namen und einige weitere mehr haben wir diskutiert, klar.

War es also in diesem Jahr eine besonders reiche Ernte in der Bundesliga?

Einige haben sich wirklich in den Vordergrund gespielt. Mich erinnert das ein bisschen an die WM 2010, da hatten wir auch sehr viele junge Spieler, die beim Turnier in Südafrika den Durchbruch geschafft haben zur internationalen Klasse: Thomas Müller, Sami Khedira, Manuel Neuer, Mesut Özil. Ob das wieder so kommt, kann man nicht sagen, das sollte man auch nicht erwarten. Die Spieler sind alle sehr gut, haben enormes Potenzial, aber sie können und müssen sich noch entwickeln. Denn die Klasse zu erreichen, um Europa- oder Weltmeister zu werden, das ist noch mal eine ganz andere Dimension. Gerade auf die Jungen aber werden wir gar keinen Druck aufbauen, sie gefallen uns ja gerade auch aufgrund ihrer Unbekümmertheit.

Vier der jungen Nachwuchstalente haben Sie in den EM-Kader berufen, was können Sie über das Quartett sagen? Was sehen Sie zum Beispiel in Julian Weigl?

Er hat in seinen jungen Jahren schon viel Selbstsicherheit in seinem Spiel, Passsicherheit, Übersicht, Orientierungsfähigkeit - er orientiert sich, bevor der Ball kommt: Wo ist ein Gegenspieler? Wo ist ein Mitspieler? Er hat schnelle Lösungen parat, er sorgt für Spielfluss und eine gewisse Symmetrie auf dieser Position. Das alles macht er gut.

Vor 20 Jahren hätte man Weigl wahrscheinlich nicht nominiert, weil er nicht aufs Tor schießt - er ist ja ein Mittelfeldspieler neuen Typs, kein Sechser oder Achter wie es zum Beispiel Lothar Matthäus war, der durchs Mittelfeld dynamisch in den Strafraum vorgestoßen ist.

Auch das wird sich bei Weigl in Zukunft noch entwickeln, er hat doch Zeit. Klar, heutzutage sind besonders die Mittelfeldspieler gefragt, die mit in die Spitze gehen, die torgefährlich sein können. Wenn man aus der Tiefe in die Abwehr stößt, dann ist es ja für den Gegner immer unberechenbarer, als wenn man sich dort schon aufhält.

Kimmich?

Er ist ein sehr robuster Spieler, der von Zweikampfstärke und Balleroberung lebt. Der aggressiv ist und seinen Gegner unter Druck setzen kann. In der Passsicherheit hat er sich bei Guardiola weiter entwickelt.

Auf welcher Position sehen Sie ihn?

Das muss man sehen. Grundsätzlich spielt er auf der Sechs, aber er hat bei den Bayern auch gut in der Innenverteidigung gespielt, auch rechts in der Dreierkette.

Auf Leroy Sané hatten Sie es schon im Herbst abgesehen ...

... Er hat besondere Stärken, wenn man auf Konter spielt, wenn die eigene Mannschaft Platz und Räume hat. Er ist ein technisch guter, ballsicherer Spieler, der auf engem Raum kombinieren kann, und er hat heute schon Qualität im Torabschluss. Seine Schnelligkeit und seine Laufwege sind speziell. Vielleicht wird er auf Schalke manchmal noch nicht im richtigen Moment bedient, aber er macht diese Läufe, die dem Gegner weh tun. Im Rücken des Gegners wegzugehen, quer zu laufen, immer wieder in die Tiefe zu gehen - das ist ja vielleicht das, was uns in manchen Spielen ein bisschen fehlt. Unsere Mannschaft ist eine Kombinationsmaschine, doch in manchen Situationen, gegen manche Gegner fehlt uns dann die Tiefe. Da brauchen wir Spieler, die immer wieder tief gehen, auch wenn sie den Ball nicht bekommen. Das schafft dann wieder Freiräume für andere Spieler. Sané sucht außerdem die Eins-gegen-eins-Situationen, auch das fehlt manchmal in unserer Kombinationsmaschine. Diese Eins-gegen-eins-Sucher, die permanent den Gegner in Stresssituationen bringen, Spielertypen wie Neymar oder Messi, die kommen in unserer Mannschaft bisher nicht so ausgeprägt vor.

Also ist der Vierte der jungen Wilden, Julian Brandt, auch so ein Stressmacher?

Ja, auch durch seine Eins-gegen-eins-Situationen fällt Brandt auf. Ein Spieler wie Neymar vertritt diese Art in Reinkultur. Es ist ja so: Wenn ich Abwehrspieler bin und mein Gegner nutzt den Ball immer nur dazu, um damit abzudrehen, dann würde mir das keinen Stress machen. Neymar dagegen nimmt jeden Ball - selbst wenn er nur zwei Meter Platz hat - nach vorne an. Und geht sofort ins Tempo. Das macht seine Weltklasse aus, und das müssen unsere Spieler - André Schürrle, Julian Draxler, Mario Götze oder Marco Reus - noch vermehrt umsetzen, die Voraussetzungen dazu haben sie allemal. Deshalb zeigen wir ihnen ja auch diese Szenen in der Videoschulung. Auch die Bayern geben da ein Beispiel: Coman oder Costa, Ribéry oder Robben, die machen das. Diese Spieler schaffen Überzahlsituationen, weil sie ein, zwei Gegner ausspielen können. Genau das macht den Unterschied der Bayern zu anderen Mannschaften aus. Ballbesitz allein nützt nichts. Es muss das Ziel sein, möglichst schnell zum Tor zu kommen, und diese Eins-zu-eins-Situationen aufzulösen.

Warum macht Mario Götze das so selten? Man hat den Eindruck, dass die zwei Jahre seit seinem akrobatischen Endspieltor gegen Argentinien in seinem Verein, bei den Bayern, für seine Entwicklung eine verlorene Zeit waren. Und jetzt gab es ja das Gespräch mit Guardiolas Nachfolger Carlo Ancelotti, das sinngemäß die Botschaft brachte: Mit mehr Einsatzzeit könne er nicht rechnen. Er habe nichts dagegen, wenn Mario sich einen anderen Verein suche.

Ob dieses Gespräch wirklich so stattgefunden hat, ich weiß es nicht, da sollte man vorsichtig sein. Ancelotti hat ihm sicher nicht gesagt: Such' dir einen anderen Verein! Genauso wenig kann er als Trainer, der kommt, überhaupt Versprechungen abgeben. Er beginnt bei null. Und natürlich kann er nicht zu Mario sagen: Du wirst bei mir immer spielen, ich garantiere dir das. Das kann und wird er zu keinem Spieler sagen. Sein Standpunkt wird eher sein: Du hast bei mir eine Chance wie jeder andere auch, du musst dich zeigen. Dass so ein junger Spieler nach so einem Hype wie nach dem WM-Finale in ein Loch fällt - das war ja bei vielen anderen genauso. Was man bei Mario vielleicht sagen kann: Er kann den letzten Pass geben, ist auf engem Raum gut, macht unberechenbare Dinge und kann dabei sehr torgefährlich sein. Daher sehe ich ihn lieber zentral als auf außen, wo er seine Stärken gar nicht richtig einbringen kann.

Kam dieses WM-Finaltor für seine Laufbahn, mit 22, vielleicht zu früh? Und der Satz, den Sie ihm bei seiner Einwechslung sagten: ,Jetzt zeig' der ganzen Welt, dass du besser bist als Messi', ist ja nun auch auf ewig in dieser Welt.

Ich glaube nicht, dass dieses Tor oder dieser Spruch für ihn eine Bürde oder gar Belastung ist. Messi war in diesem Moment auf dem Platz, er gilt als bester Fußballer der Welt - zu Recht natürlich -, und ich habe Mario gesagt: Wenn du das Spiel entscheidest, dann ... - das war Intuition. Um dem Spieler etwas mitzugeben. Wenn es im Finale in die Verlängerung geht, kann ich ihm doch nicht mehr sagen: Du musst jetzt dahin und dorthin laufen.

Was bleibt für Sie jetzt zu tun, damit Mario Götze in eine EM-Form kommt?

Wie das klingt, er ist doch kein Pflegefall! Wenn man mit Mario spricht, wenn man weiß, wie er trainiert, da muss man ihn eher bremsen. Er ist wahninnig professionell, kümmert sich um seine Ernährung, hat einen eigenen Fitnesscoach, manchmal beschäftigt er auch noch einen Osteopathen. Die Einstellung ist bei ihm vorbildlich, es gibt andere Fälle, die nach so einem Turnier, so einem Hype nachlassen, weil sie den Boden unter den Füßen verlieren. Das Gefühl habe ich bei Mario nicht. Deswegen wird er durch diese Situation finden. Ganz allgemein sage ich: Manchmal kann ein Wechsel weitere Kräfte frei setzen, ein neues Umfeld, neue Herausforderungen, neue Reize. Schauen Sie mal auf die Entwicklung von Toni Kroos. Auch bei Bayern war er top, in Madrid hat er dennoch noch einmal einen Sprung gemacht. Was Mario braucht, ist Vertrauen. Er braucht einen Trainer, der ihn unbedingt in seiner Mannschaft haben will. Aber das soll jetzt keine Kritik sein an den Bayern, schon gar nicht an Pep Guardiola, der in diesem Star-Ensemble mit so vielen hervorragenden Spielern dafür zu sorgen hat, dass es läuft. Der Einzelne muss da manchmal ein bisschen zurückstehen.

Von Brasilien nach Frankreich, von Rio nach Paris - was hat sich in Ihrer Weltmeistermannschaft seit 2014 substanziell verändert?

Am Anfang haben wir gespürt, dass uns die Spieler, die starke Führungspersönlichkeiten waren, fehlen: Philipp, Miro, Per (Lahm, Klose, Mertesacker/Anm. d. Red) - das waren Säulen, die weggebrochen sind. Kurzfristig war auch, physisch und psychisch, eine gewisse Sättigung festzustellen. Folglich sind wir vom spielerischen Niveau ein bisschen abgesunken. Jetzt hat sich die Mannschaft verändert, die Hierarchie hat sich wieder gefestigt, wir haben einem starken Spielerrat, und mit Persönlichkeiten wie Neuer, Hummels, Boateng, Khedira, Kroos, Özil, Müller eine gute Achse, hinzu kommt Schweinsteiger, wenn er fit ist. Fußballerisch sind wir ohnehin stark. Nun wird es wichtig sein, dass wir wieder den Team-Spirit wecken können, dieses bedingungslose Füreinander-Dasein. Und dann sind wir auch in der Lage, das Turnier zu gewinnen.

Wer steht im Wege?

Frankreich hat eine gute Mannschaft. Und viele glauben ja nicht, dass Spanien immer noch gut ist, aber die Spanier sind nicht umsonst bei den Vereinsmannschaften in Europa so dominant. Auch Belgien ist fußballerisch gut, die Engländer sind im Aufbruch, verbessert haben sie sich auf jeden Fall. Italien bleibt immer ein bisschen unberechenbar.

Schaut man sich den Turnierbaum an, so sollte die Vorrunde dem Kennenlernen und Warmspielen dienen. Dadurch, dass die EM von 16 auf 24Mannschaften erweitert und gegenüber der EM 2012 zusätzlich ein Achtelfinale eingebaut wurde, bleibt anfangs wohl Zeit für Experimente.

Aus unserer Perspektive gibt es bei dieser EM zwei sehr unterschiedliche Phasen. Die erste Phase ist geprägt von unseren Gruppengegnern: Ukraine,Polen, Nordirland. Im Achtelfinale treffen wir dann vielleicht auf den Dritten einer anderen Gruppe. Unsere Gegner in der ersten Phase des Turniers werden ihr Duell mit uns als Jahrzehnt-, vielleicht als Jahrhundertspiel sehen. Sie spielen in einem großen und wichtigen Turnier gegen den Weltmeister. Jetzt eine Frage von mir: Was würde Sie tun in so einer Situation?

Abwehrriegel bauen?

Auch ich würde Fünfer- und Sechserketten bauen. Und ich würde darauf hoffen, dass sich der ein oder andere Konter fahren lässt, die ein oder andere Standardsituation kommt. Diese Mannschaften - mit Ausnahme von Polen - stellen sich in erster Linie eine Aufgabe: Wir wollen das Spiel der Deutschen unterbinden, es zerstören. Das wird ihre Priorität sein. In der zweiten Turnierphase treffen wir dann vielleicht auf Belgien, Italien, auf Spanien - die spielen, und die wollen gewinnen. Und da gibt es folglich ein ganz anderes Spiel.

Was ergibt sich aus Ihrer Zwei-Phasen-Theorie für Ihre Arbeit?

Plakativ gesagt: Ich benötige zwei Mannschaften für dieses Turnier: Eine Mannschaft bis zum Achtelfinale - und dann eine zweite Mannschaft.

Wer steht dann in der einen Mannschaft? Und wer in der anderen?

In der ersten Mannschaft vielleicht eher die Kämpfer. Gegen die Nordiren, die mannbezogen spielen, gibt es wahrscheinlich unendlich viele Zweikämpfe.

Immerhin stehen Ihnen zweierlei Mannschaften zur Verfügung - dank der immer noch andauernden deutschen Ausbildungs-Revolution.

Aber diese Revolution kam nicht von heute auf morgen. Irgendwann setzte sich in Deutschland die Erkenntnis durch, dass man technisch bessere Spieler ausbilden muss. Und dass man der Jugend vertrauen kann. Nach der WM 2010, als sich junge Spieler wie Neuer, Müller, Özil, Khedira durchsetzen konnten, hat sich die Auffassung geändert, dass Erfahrung über allem steht. Heute sagt man ganz selbstverständlich: Wir haben diese jungen Spieler, also geben wir ihnen Vertrauen, bevor wir teuer welche hinzukaufen, die 29 oder 30 sind.

Und nun gibt es diesen erstaunlichen Reichtum an Spielern ...

Nein, diesen Reichtum gibt es gar nicht so. Es sind einige, ja, wir haben sechs, sieben, acht junge Spieler, die sind sicherlich sehr, sehr gut. Aber das genügt mir nicht. Und Hansi Flick (bis 2014 Löw-Assistent, heute DFB-Sportdirektor/Anm. d. Red) auch nicht. Wir müssen in der Ausbildung weitere Akzente setzen, denn wenn man alle Positionen durchgeht, fragen ja auch Sie zum Beispiel: Wo sind die Außenverteidiger?

Ja, wo sind sie denn?

Ein neuer Philipp Lahm ist noch nicht in Sicht. Auch nicht ein Spielertyp wie Miroslav Klose. Ein spielender Mittelstürmer. Der in der Spitze geht, Tore macht, der kombinationssicher und kopfballstark ist. Schaut man nach unten, bis tief in die Nachwuchsklassen, sind solche Typen nicht vorhanden. Das wollen wir ändern.


评论
热度(1)

© fipstalker | Powered by LOFTER