20140321 merkur interview: Sind noch nicht Spanien

Lahm: "Sind noch nicht Spanien des Vereinsfußballs"

https://www.merkur.de/sport/fc-bayern/philipp-lahm-sind-noch-nicht-spanien-vereinsfussballs-3427756.html

München - Philipp Lahm im Merkur-Interview über die Champions League-Auslosung und den Begriff „Knopfdruck-Bayern“. Er verrät, dass er sich einen Job in der Bayern-Führung vorstellen könnte.

Gelassen nimmt Philipp Lahm in den Räumlichkeiten seiner Beraterfirma „acta7“ Platz, es steht ein angenehmer Termin an: Der Kapitän des FC Bayern erklärt, warum er als neuer Schirmherr des Merkur CUP, an dem er selbst 1995 für die FT Gern teilnahm, fungiert: „Dieser Wettbewerb ist wie für uns Profis eine WM – man spielt ein Turnier mehrere Wochen und lernt dabei unglaublich viel.“ Für unsere Zeitung nimmt er sich zudem die Zeit, die Lage seines Vereins zu analysieren. Am Freitag um 12 Uhr (Live-Ticker) steht die Auslosung des Viertelfinales in der Champions League an.

Herr Lahm, diese Woche hat Bayerns Sportdirektor Matthias Sammer der Bundesliga nur ein mittelmäßiges Zeugnis ausgestellt: Für die stärkste Liga der Welt sei es zu wenig, was in Europa erbracht wird. Lügt man sich in der Bundesliga in die Tasche?

Es ist immer schwer zu sagen, welche Liga die stärkste der Welt ist. Aber wenn im Viertelfinale von Champions League und Europaleague bloß noch zwei deutsche Vereine stehen, muss man sich schon Gedanken machen. Natürlich darf man auch nicht übersehen, dass Schalke und Leverkusen zwei sehr starke Gegner hatten; Paris hat sehr, sehr viel Geld investiert, über Real Madrid braucht man gar nicht reden. Beide gehören zu den absoluten Top-Favoriten. Aber vor allem das Abschneiden der Deutschen in der Europaleague ist insgesamt eine kleine Enttäuschung.

Sammer sagt auch, ein Problem für Bayern sei, auf Knopfdruck Leistung zu bringen, wenn man in der Liga nicht gefordert ist – wird das das größte Hindernis auf dem Weg durch die Champions League?

Das ist tatsächlich nicht immer so leicht. Letzte Saison haben wir das schon sehr gut hinbekommen, da war die Situation ja ähnlich. Auch jetzt geben wir trotz 20 Punkten Vorsprung immer alles, das ist nicht ganz selbstverständlich. Jeder will immer spielen, also muss er konzentriert sein, damit er in die erste Elf oder wenigstens in den Kader kommt. Das ist das Klima, das wir brauchen. Und hier rentiert sich auch unser erstklassiger Kader: Bei so einem Vorsprung in der Liga setzt man so intern Reizpunkte.

Können Sie diesem Begriff etwas Positives abgewinnen: Die „Knopfdruck-Bayern“?

Nein, gar nicht. Wir bringen Spiel für Spiel Leistung. Und man muss nur mal bei unserem Training vorbeischauen: Da geben wir jeden Tag alles. Ganz ohne Knopfdruck. Von nichts kommt ja nichts.

"Wir haben in jedem Spiel alles in der eigenen Hand" 

Ihr Klub geht natürlich unter ganz anderen Bedingungen ins Viertelfinale: Wie fühlt sich das an, wenn die anderen Angst haben – ist der FC Bayern das Maß aller Dinge derzeit?

Das haben wir uns erarbeitet. Wir standen in den letzten vier Jahren drei Mal im Finale, das muss erst einmal einer nachmachen. Es ist schön, zu wissen, wenn wir unsere Top-Leistung abrufen, ist es enorm schwer, uns zu schlagen oder auszuschalten. Wir haben in jedem Spiel alles in der eigenen Hand, dieses Selbstvertrauen haben wir nach all den Erfolgen, und das macht uns noch einen Tick stärker als in den Jahren zuvor. So etwas kann ausschlaggebend sein, wenn man auf Teams trifft, die auf Augenhöhe sind.

Haben die anderen Angst vor Ihren Bayern?

Angst nicht. Aber sicher Respekt. Wir hatten früher auch nie Angst vor den anderen.

Vor der Saison sagten Sie, Sie wollen „das Spanien des Vereinsfußballs werden“ – ist das momentan der Fall?

Nein. Wir hatten 2013 ein sehr, sehr schönes Jahr und sind auch 2014 noch in allen Wettbewerben vertreten. Spanien sind wir noch nicht – aber das Projekt läuft weiter.

Das Ziel ist, eine Ära zu prägen: Wann ist es denn eine Ära: Mit drei Landesmeistern-Titeln in Serie wie in den 70ern?

Dann wäre es schon mehr als eine Ära. Die jüngere Vergangenheit zeigt ja, dass solche Serien wie früher heute kaum mehr zu realisieren sind. Noch nie hat ein Verein die Champions League verteidigt, das ist unser Ziel, da wollen wir Geschichte schreiben. Ich persönlich finde ja, dass es schon auch ein Hauch von Ära hat, wenn man wie wir so oft im Finale stand. Es ist mir aber auch klar, dass am Ende alles an Titeln bemessen wird. So ist das Geschäft.

Fußball verläuft in Zyklen, siehe den FC Barcelona oder Manchester United – wie groß ist Ihre Sorge, dass Ihr Team den Zenit schon überschritten hat?

Momentan sehr, sehr klein. Die meisten bei uns sind im Top-Fußballer-Alter, zusätzlich haben wir viele junge Spieler mit Format in den Reihen. Diese Mannschaft hat ein Niveau, wie ich es bisher noch nie erlebt habe. Um die nächsten Jahre mache ich mir da gar keine Sorgen.

Ihre These „Unsere besten Jahre kommen erst noch“, die Sie vor der Saison in den Raum stellten, steht also weiterhin?

Die steht weiterhin. Felsenfest. 2013 hatten wir ein super Jahr, und ich denke, es wird nicht dabei bleiben.

Die größte Herausforderung der nächsten Jahre ist ein Umbruch auf höchstem Niveau – formiert sich schon die Generation nach der Generation Lahm?

Ja, wir haben viele junge Spieler, die schon jetzt viel erlebt haben. Thomas Müller kann man von der Erfahrung ja eigentlich schon fast als alten Hasen sehen – dabei ist er fünf Jahre jünger als ich. Bei Toni Kroos und David Alaba ist es das gleiche. Klar haben wir in Arjen Robben, Franck Ribery, Basti Schweinsteiger und mir ein paar Leistungsträger um die 30, aber das ist ein Alter, in dem man schon noch zwei, drei Jahre auf absolutem Niveau spielen kann. Die Mischung im Team stimmt – und sie wird auch noch ein paar Jahre stimmen.

Sie sagten 2012 vor der EM, die deutsche Nationalelf sei die beste Mannschaft, in der Sie je gespielt haben – sind die Bayern 2013/14 noch besser?

Das ist immer schwer zu vergleichen. Was bei dieser Bayern-Mannschaft bemerkenswert ist, ist, dass sogar die Bank noch überragend besetzt ist. Da sitzt Weltklasse draußen, so etwas habe ich wirklich noch nie erlebt.

Es wird schon seit langem immer wieder gesagt, Philipp Lahm soll mal in die Führungsriege des FC Bayern integriert werden. Ehrt Sie das, nervt Sie das – oder steckt das im Hinterkopf?

Das ist in erster Linie eine Ehre. Es wird ja nicht jeder Spieler für so eine Laufbahn gehandelt. Aber ich fühle mich noch in einem sehr guten Fußballalter. Was nach der Karriere kommt, habe ich jetzt noch nicht so im Kopf.

Aber reizvoll wäre es?

Definitiv ist das reizvoll. Der FC Bayern ist meine Heimat, ich fühle und lebe mit diesem Verein von Kindesbeinen an, ich habe nicht vor, umzuziehen und werde immer sehr, sehr nah an diesem Klub sein.

Rubriklistenbild: © dpa


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