20150814 tz interview: Das sollte unser primäres Z

Interview über Ligastart, Pep-Kritik und Motivation

Lahm stellt klar: "Das sollte unser primäres Ziel sein"

Aktualisiert: 14.08.15 11:44

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Der Coach und sein ­verlängerter Arm auf dem Feld: Pep ­Guardiola und Philipp Lahm.

© AFP

München - Philipp Lahm spricht im großen tz-Interview über den Start in die neue Bundesliga-Saison, Kritik an Bayern-Trainer Pep Guardiola und seine Motivation

Der Hamburger SV reist an, am Freitagabend (20.30 Uhr, bei uns im Live-Ticker) erwartet ihn der FCB in der Allianz Arena. Philipp Lahm & Co. scharren schon mit den Hufen – kein gutes Zeichen für den Krisen-HSV… Das tz-Interview mit dem FCB-Kapitän.

Philipp, wie steht es eigentlich um Ihr Spanisch?

Philipp Lahm: Fließend! Nein, Spaß beiseite: Ich kann „Hola!“ und vielleicht noch „Qué tal?“. Das war’s.

Böse Zungen behaupten ja, beim FC Bayern würde nur noch Spanisch gesprochen.

Philipp Lahm: Wer den Verein kennt, der weiß, dass das keine Diskussion ist, die bei uns intern geführt wird. In jeder größeren Mannschaft der Welt gibt es Spieler aus verschiedenen Nationen. Das ist normal. Wichtig für die Identität eines Klubs ist nur, dass es einen Kern an Spielern aus der eigenen Jugend gibt, die dem Verein ein Gesicht geben. Und das haben wir nach wie vor. Thomas Müller, Holger Badstuber, Manuel Neuer oder Jerome Boateng – das sind allesamt Spieler aus der Bundesliga, die eine leitende Funktion übernehmen und den FCB prägen. Daher ist diese Diskussion für mich überflüssig.

Also kommt es nicht zur Grüppchenbildung?

Philipp Lahm: Überhaupt nicht, die Mannschaft ist ein Team. Es macht Spaß, sich innerhalb der Mannschaft zu bewegen. Natürlich kommt es mal vor, dass ein Spieler Spanisch spricht, genauso verfallen Thomas und ich aber auch mal ins Bairische. Aber es stehen jetzt nicht die Deutschen, die Spanier und die Brasilianer jeweils in verschiedenen Ecken.

Auch der Trainer ist zuletzt stark in die Kritik geraten.

Philipp Lahm: Was ich absolut nicht verstehen kann. Das Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer sowie zwischen Trainer und Verein ist absolut intakt. Die Leistung stimmt, der Beitrag von Pep Guardiola dazu steht außer Frage. Nach dem Triple haben wir noch mal das Double geholt, sind in der letzten Saison wieder Meister geworden und standen dabei immer mindestens im Halbfinale der Champions League. Ich halte es für wichtig, gerade auch in Erfolgsphasen kritisch zu sein, aber konstruktiv und verhältnismäßig. Das war zuletzt nicht immer der Fall.

Guardiola macht ein Geheimnis um seine Zukunft. Sie haben immer frühzeitig für Klarheit gesorgt. Können Sie Ihren Trainer verstehen?

Philipp Lahm: Klar! Die Situation ist eine andere. Für Pep ist es am Ende eine weitere Station als Trainer. Die Abschnitte bei einzelnen Klubs sind für Trainer kürzer. Nicht zu vergleichen mit mir, wo es darum ging, nach zehn bis 15 Jahren beim selben Verein eine Entscheidung über das Wann und Wo des Karriereendes zu treffen. Aber: Noch hat er ein Jahr Vertrag. Also Geduld! Die Entscheidung kommt bestimmt bald.

Sie haben unter Hitzfeld, Magath, Klinsmann, van Gaal und Heynckes gespielt. Nun unter Guardiola. Welche Rolle nimmt er da ein?

Philipp Lahm: Man nimmt von jedem etwas mit, positiv wie negativ. Geprägt hat mich jeder. Von Pep nehme ich vor allem sein taktisches Verständnis mit. Es ist unglaublich, wie genau er die eigene und die gegnerische Mannschaft analysiert und das Spiel darauf ausrichtet. In dieser Genauigkeit habe ich das noch nie erlebt, dementsprechend sieht unser Spiel aus. Gelernt habe ich aber von jedem etwas. Auch von Louis van Gaal zum Beispiel, denn er kam genau zum richtigen Zeitpunkt und war von enormer Bedeutung für unseren Stil. Dass es nicht auf allen Ebenen funktioniert hat, ist bekannt – weiterkommt, wer positive wie negative Erfahrungen annimmt und die richtigen Schlüsse daraus zieht.

Sie haben alles hochgehalten, was man hochhalten kann. Woher schöpfen Sie noch Motivation?

Philipp Lahm: Eigentlich genau aus diesen Erfahrungen. Wenn man einmal oben gestanden hat, will man das unbedingt wiederholen. Ich möchte unbedingt ein zweites Mal den Champions-League-Titel gewinnen.

Jetzt können Sie zum vierten Mal in Folge Meister werden. Hat auch noch niemand geschafft.

Philipp Lahm: Und das sollte auch unser primäres Ziel sein. Wir wollen in der Bundesliga niemand anderes oben sehen. Dass es noch keiner viermal in Folge geschafft hat, ist ein zusätzlicher Reiz.

Wird Wolfsburg gefährlich?

Philipp Lahm: In der vergangenen Saison waren sie unser erster Konkurrent, in den Jahren zuvor Dortmund. Trotzdem war der Vorsprung am Ende immer sehr klar. Mal sehen, ob es dieses Mal wieder jemand schafft, bis zum letzten Spieltag an uns dranzubleiben.

Was mit einem Arturo Vidal in der Mannschaft nicht unbedingt leichter werden dürfte. Hat diese Art von Spieler der Mannschaft gefehlt?

Philipp Lahm: Ich glaube nicht, dass uns der Spielertyp gefehlt hat. Uns haben in der entscheidenden Phase der letzten Saison insgesamt Spieler gefehlt. Es waren so viele verletzt, die auch dieses Element haben, wenn sie fit sind. Aber ein Top-Klub braucht immer Verstärkungen, und das ist Arturo allemal.

Auf dem Platz ist er ein ganz schön rauer Genosse.

Philipp Lahm: (lacht) Auf dem Platz, ja. Sonst ist er ganz angenehm.

Auf dem Platz stehen Sie noch drei Jahre. Erwischen Sie sich manchmal beim Gedanken, dass es „nur“ noch drei Jahre sind.

Philipp Lahm: Überhaupt nicht. Ich weiß, wie viel Glück ich hatte und bin dankbar für meine bisherige schon sehr erfolgreiche Karriere. Drei Jahre sind für einen Fußballer eine relativ lange Zeit.

In der Sie sich ausführlich überlegen können, wem Sie die Binde vermachen?

Philipp Lahm: Das Gute bei uns ist, dass es nicht Alt und Jung gibt und auf einem Schlag ein großer Teil aufhört. Mit Neuer, Müller, Boateng, Badstuber und Alaba haben wir eine Vielzahl von Spielern, die in einem guten Alter sind, viel erlebt haben und diese Rolle schon jetzt ein Stück weit ausfüllen, indem sie Verantwortung über ihre Position hinaus übernehmen. Daher dürfte das in drei Jahren kein Problem sein.

Dann ist Ihr Sohn Julian schon sechs Jahre alt. Hat er das runde Leder schon entdeckt?

Philipp Lahm: Wenn irgendwo ein Ball herumliegt, dann tritt er dagegen. Mein Ziel ist aber nicht, dass er Profi wird. Er soll sich selbst entdecken und herausfinden, was ihm Spaß macht, damit er am Ende die beste Entscheidung für sich trifft. Dabei werden meine Frau und ich ihn so gut wir können unterstützen.

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