20050616 kicker:Neuzugang Lahm blickt optimistisch

"Sitze nicht weinend vorm Fernseher"

16.06.2005, 10:23

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Zurzeit liegt er wegen eines Kreuzbandrisses auf Eis. Doch Philipp Lahm hat den Schock nach der Verletzung längst überwunden: Die WM 2006 hat der Nationalspieler nach wie vor fest im Visier.

Hat das Lachen trotz schwerer Verletzung nicht verlernt: Philipp Lahm.

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kicker: Auch wenn Sie die Frage sicher nicht mehr hören können: Wie geht's, Herr Lahm?

Philipp Lahm: So weit, so gut. Ich bin hier in München an der Säbener Straße und werde gut behandelt.

kicker: Vor rund einem Monat erlitten Sie einen Kreuzbandriss, kurz nachdem Sie einen Mittelfußbruch auskuriert hatten. Haben Sie den Schock inzwischen überwunden?

Lahm: Ja. Am Anfang war's natürlich schlimm; zu wissen, dass man nach nur sechs Spielen nun wieder ein paar Monate ausfallen wird, das hat schon wehgetan. Und auch heute gibt es bessere und schlechtere Tage, aber ich bin 21 und ein positiver Mensch. Ich gehe davon aus, dass mein Knie zu hundert Prozent wie vorher wird.

kicker: Wie sieht Ihr Tag aus?

Lahm: Morgens bin ich zur Reha bei Bayern, Lymphdrainagen, Massagen, Eispackungen; am Nachmittag mache ich zu Hause ein paar Übungen und trainiere Beugung und Streckung des Knies.

kicker: Würden Sie das letzte halbe Jahr am liebsten aus dem Gedächtnis löschen?

Lahm: Nein. Verletzungen gehören zum Fußball, nun hab ich eben auch mal die negative Seite des Sports erfahren.

kicker: Wann spielen Sie wieder Fußball?

Lahm: Ich habe keinen Zeitplan, denn ich will mich nicht unter Druck setzen.

kicker: Felix Magath rechnet in diesem Jahr nicht mehr mit Ihnen. Wollen Sie ihn überraschen?

Lahm: Klar kann ich mir vorstellen, noch in diesem Jahr wieder zu spielen, wenn alles optimal läuft. Aber ich baue keinen Druck auf.

kicker: Haben Sie sich das Länderspiel gestern Abend angesehen?

Lahm: Selbstverständlich.

kicker: Mit welchen Gefühlen?

Lahm: Ich sitze nicht weinend vorm Fernseher, wenn Sie das meinen. Natürlich würde ich lieber selbst spielen, aber es macht auch Spaß, der Nationalelf zuzuschauen.

kicker: Mehr Spaß als unter Teamchef Rudi Völler?

Lahm: Das kann ich schwer beantworten, schließlich habe ich sowohl unter Völler als auch unter Jürgen Klinsmann gespielt. Vielleicht spielen wir jetzt einen bisschen besser Fußball als zuvor.

kicker: Sind Sie im nächsten Jahr bei der WM dabei?

Lahm: Davon gehe ich aus.

kicker: Weil es auf der linken Abwehrseite kaum Konkurrenz gibt?

Lahm: Ich sehe mich im Moment als linker Verteidiger, das stimmt, aber ich denke nicht, dass ich dort spiele, weil es keinen anderen gibt. Ich glaube, dass ich auf dieser Position gute Spiele gemacht habe.

kicker: Beim FC Bayern wird Bixente Lizarazu auf der linken Abwehrseite spielen, solange Sie verletzt sind. Heißt es "Lahm oder Lizarazu", wenn Sie zurückkehren?

Lahm: Das müssen Sie den Trainer fragen. Meine wichtigste Aufgabe ist es jetzt, wieder 100-prozentig fit zu werden, dann wird man sehen. Aber ich bin überzeugt: Wenn ich meine Leistung bringe, dann spiele ich auch.

Der VfB Stuttgart vor Bayern? Auf keinen Fall.Lahm

kicker: Sprechen Sie Französisch?

Lahm: Kein Wort, wieso?

kicker: Weil dies die Sprache der neuen Bayern-Abwehr sein dürfte, in der in Sagnol, Lizarazu und Ismael gleich drei Franzosen stehen.

Lahm: Das stimmt, ja. Aber wie heißt es immer: Die Sprache des Fußballs ist international.

kicker: Kann Valerién Ismael Robert Kovac ersetzen?

Lahm: Kovac hat seine Aufgabe gut erfüllt, aber auch Ismael schätze ich stark ein. Er ist einer der besten Innenverteidiger der Bundesliga.

kicker: Als Sie vor zwei Jahren zum VfB ausgeliehen wurden, sagten Sie, Sie möchten als Meister nach München zurückkehren.

Lahm: Ich habe gesagt: Es wäre das Beste, wenn ich als Meister zurücckehren würde.

kicker: Okay, warum hat's nicht geklappt?

Lahm: Weil wir viel zu wenig kon- stant waren. Wir haben gegen starke Mannschaften gewonnen, aber viel zu häufig Punkte gegen kleinere Gegner verloren.

kicker: Warum?

Lahm: Das kann ich nicht erklären. Sicher, die Mannschaft ist jung, aber das allein kann nicht der Grund sein. Wer aus den letzten sechs Spielen ganze vier Punkte holt, hat es nicht verdient, in die Champions League einzuziehen.

kicker: Sie haben Stuttgart verlassen, Kevin Kuranyi ebenso. Geht's weiter bergab mit dem VfB?

Lahm: Es wird sicher schwer. Aber der VfB hat in den letzten Jahren gezeigt, dass er auch wichtige Abgänge verkraften kann. Da ist auch im nächsten Jahr einiges nach oben möglich.

kicker: Auch eine Platzierung vor dem FC Bayern?

Lahm: Auf keinen Fall.

kicker: War Ihr Weg von den Bayern-Amateuren über Stuttgart zurück zu den Bayern-Profis der richtige?

Lahm: Auf jeden Fall. Für mich ist es fast perfekt gelaufen.

kicker: Torsten Frings flüchtete vor Felix Magath nach Bremen, Sie hingegen folgen Ihrem Ex-Trainer nun nach München. Was muss ein Spieler haben, um mit Magath zurechtzukommen?

Lahm: Das müssten Sie eher Herrn Magath fragen, denn er weiß, was er von den Spielern erwartet. Ich weiß nur, dass ich keine Probleme mit ihm habe.

Interview: Harald Kaiser


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