200809 locallife interview

https://locallife-muenchen.de/downloads/2_localLIFE_SEP08_RZ.pdf

Aufgewachsen in Gern. Als Fußballer ganz groß geworden. Und dann das: „Ich hatte selbst eine super Kindheit, das war der Grund für mich, etwas zurückzugeben." Im Alter von 24 Jahren gründete Philipp Lahm eine Stiftung. Sie soll Sport, Bildung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen fördern– in Afrika wie in Deutschland. Der Bayern- und Nationalspieler nahm sich Zeit, uns über den aktuellen Stand seines Engagements aufzuklären.

local LIFE: Die Philipp-Lahm-Stiftung wurde am 11. Dezember 2007 gegründet. Sie ist damit schon fast ein halbes Jahr alt. Was ist seitdem geschehen?

Philipp Lahm: Schon ein halbes Jahr? Ich denke, das ist eher wenig Zeit. Zuerst gibt es ja viele formelle Dinge zu erledigen. Wir haben sehr viel Augenmerk darauf gelegt, das Kuratorium der Stiftung mit erfahrenen und prominenten Leuten zu besetzen. So konnte ich glücklicherweise den Alt Bundespräsidenten Prof. Roman Herzog für das Kuratorium gewinnen und auch Prof. Josef Hackforth, einen Sportmedienwissenschaftler der TU München. Im Kuratorium befindet sich zu dem neben der Münchner Rechtsanwältin Dr. Cornelia Schmid, Chefvolkswirt der Deutschen Bank Prof. Norbert Walter. Gerne würde ich noch eine überragende Persönlichkeit aus dem sozialen Bereich für ein Engagement in meiner Stiftung begeistern wollen, daran arbeite ich.

local LIFE: Wohin fließt das erste Geld?

Philipp Lahm: Konkret arbeiten wir daran, das erste Projekt in Südafrika zu starten. Es geht um die Unterstützung einer Schule in Soweto, dem berühmten Township vor den Toren der Hauptstadt Johannesburg. Diese Schule besuchen ärmste Kinder, die meist nicht einmal das wenige Schulgeld bezahlen können und zu Hause auch kein Essen bekommen. In Zusammenarbeit mit dieser Schule möchten wir ein Sportareal aufbauen, damit sie an Attraktivität für die Kinder und Jugendlichen gewinnt; es soll ihnen Spaß machen, in die Schule zu kommen und sich hier aufzuhalten. Sie lernen hier, werden hier versorgt und können Sport treiben.

local LIFE: Sie sind ein besonders junger Stiftungsgründer. Wie kamen Sie auf die Idee?

Philipp Lahm: Ausschlaggebend war sicherlich mein Besuch in Südafrika im letzten Sommer. Ich habe dort die Patenschaft für das SOS-Kinderdorf in Ennerdale übernommen. Im Prinzip wollte ich mir auf dieser Reise selbst ein Bild von dem Land Südafrika und seinen Menschen machen, das die Weltmeisterschaft 2010 ausrichtet. Mitgenommenaus Südafrika habe ich vor allem, dass Hilfedort dringend notwendig ist. Allzu viele Kinder haben ihre Eltern verloren, meist durch Aids! Ohne Hilfe von außen haben sie nur geringste Chancen auf eine Zukunft. Mehrere Male habe ich spontan mit Kindern Fußball gespielt, ob im SOS-Kinderdorf oder in einem Township, wo die farbige und meist arme Bevölkerung lebt. Für mich war das eine wichtige Erfahrung, denn ich habe gesehen, dass die Kinder und Jugendlichen unheimlich viel Talent und Potenzial im Sport mitbringen. Fußball war unsere gemeinsame Sprache. Diesen Weg möchte ich nun einschlagen: Es geht darum, die Kinder und Jugendlichen über den Sport zu gewinnen und ihre Bildung und Ausbildung zu fördern. Denn nur über Bildung und Beruf haben die Kinder die Möglichkeit, irgendwann auf eigenen Beinen zu stehen! In Südafrika kommt natürlich hinzu, dass Armut auch immer mit dem Fehlen von medizinischer Versorgung einhergeht. Es gibt also viel zu tun!

localLIFE: Sie engagieren sich nicht nur in Afrika ...

Philipp Lahm: Sicherlich wird die Stiftung kommendes Jahr unter anderem Projekte hier in Deutschland vorantreiben. Das ist mir sehr wichtig, denn auch in Deutschland gibt es genügend Kinder und Jugendliche, die Unterstützung brauchen. Die Ausrichtung der Stiftung ist dabei ganz klar: In erster Linie wird sie Kinder und Jugendliche in Sachen Sport fördern, um dann über den Sport auch die Themen Bildung und Ausbildung ins Spiel zu bringen. Dass es beim Sport hauptsächlich um Fußball gehen wird, liegt nahe.

localLIFE: Wie bekannt ist die Philipp-Lahm-Stiftung nach sechs Monaten?

Philipp Lahm: Für einen optimalen Start hat die Initiative„Stifterland Bayern“ gesorgt. Das „Stifterland Bayern“hat mir als einem der jüngsten Stifter Bayerns den „Philantrophy“-Preis verliehen. Das hat viel mediales Aufsehen mit sich gebracht und geholfen, meine Stiftungsgründung bekannt zu machen. Sehr positiv haben auch die Sportmedien reagiert. Dort wurde viel über meine sozialen Aktivitäten und meine Stiftung berichtet.

localLIFE: Was haben die Fußballkollegen zu Ihrem Engagement gesagt?

Philipp Lahm: Ich bin nicht der einzige Fußballnationalspieler,der eine Stiftung gegründet hat. Da gibt es auch Christoph Metzelder und Per Mertesacker. Es ist also nicht ungewöhnlich, dass Fußballspieler gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und sich um soziale Brennpunkte kümmern.

localLIFE: Wie viel Zeit können Sie investieren?

Philipp Lahm: Die Stiftung ist für mich sehr zeitaufwendig. Jetzt am Anfang geht es darum, ihr eine Richtung zu geben: zukunftsweisende Projekte ins Auge zu fassen und zu überlegen, wie das Engagement der Stiftung ein klares Profil erhält. Im Klartext: Welche Projekte wollen wir kurz-, mittel- und langfristig anpacken, damit das Grundanliegen meiner Stiftung möglichst konkret in effiziente Unterstützung umgesetzt wird. Um hier die richtigen Entscheidungen zu treffen, besteht viel Diskussions bedarf innerhalb des Stiftungsvorstandes.

localLIFE: Ist das Spendengeschäft gut angelaufen?

Philipp Lahm: Ich bin überrascht, wie groß der Zuspruch bereits in den ersten Monaten war. So haben sich einige Veranstalter von Sportevents an mich gewandt, um zugunsten der Stiftung Benefiz-Versteigerungen durchzuführen.

localLIFE: Erfährt ein Spender, was mit seinem Geld geschieht?

Philipp Lahm: Wir werden sämtliche Details unserer Projekte – beispielsweise des jetzigen Projekts in Südafrika – ordentlich nach außen kommunizieren: Dazu gehört die Projektbeschreibung mit unseren Leistungen und den notwendigen finanziellen Mitteln; die Stiftung legt dann ganz klar dar, wofür die Spendengelder verwendet werden. Die Spender sollen wissen, wohin ihr Geld fließt. Ich trage die gesamtenadministrativen Kosten der Stiftung. Die Spendengelder kommen zu 100% in den Projekten an.

localLIFE: Werben Sie auch bei Kollegen um Unterstützung? Oder ist das im Verein tabu?

Philipp Lahm: Vor einigen Tagen kam Luca Toni auf mich zu. Er stellte mir signierte Schuhe und ein von ihm getragenes Nationalmannschaftstrikot zur Verfügung, um diese Sachen für die Stiftung versteigern zu lassen. Luca ist ein amtierender Weltmeister – es freut mich besonders, dass er mein Engagement unterstützt! Ich werde Lucas Trikot und Schuhe demnächst versteigern, um das Geld dann der Stiftung zukommen zu lassen. 

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