20060618 dfb interview

Philipp Lahm: "Jeder in der Mannschaft trägt einen Teil zum Gelingen bei"

18.06.2006 08:46:00

https://www.dfb.de/news/detail/philipp-lahm-jeder-in-der-mannschaft-traegt-einen-teil-zum-gelingen-bei-7727/

Philipp Lahm ist in aller Munde. Nach den ersten beiden Spielen der deutschen Nationalmannschaft erhielt der Außenverteidiger des FC Bayern München durchweg positive Kritiken. Maradona und Pele lobten ihn. Beim Spiel gegen Polen wurde er zum "Man of the Match" gewählt. Wie der 22-Jährige mit dem Rummel um seine Person umgeht, beschreibt er im folgenden Interview.

Frage: Erst ein Lob von Maradona. Jetzt noch ein Kompliment von Pele. Ehrt einen so etwas?

Philipp Lahm: Ja, klar! Das sagen nicht irgendwelche Leute, das kommt aus berufenem Munde. Die beiden gehören zu den besten Fußballern aller Zeiten.

Frage: Sie sind jetzt auf dem Weg, ein WM-Star zu werden. Vor vier Wochen war es gar nicht klar, ob Sie überhaupt spielen können. Gab es Momente, in denen Sie gedacht haben, die WM findet ohne Sie statt?

Philipp Lahm: Nein, ich habe nie daran gedacht, dass die WM für mich den Bach herunter gehen könnte. Es gab eine Phase, direkt nach der Operation, als ich aus der Narkose aufgewacht bin, da ging es mir nicht so gut. Aber das war auch nicht so, dass ich dachte, es wird nichts mehr mit der WM.

Frage: Woher haben Sie die Zuversicht genommen?

Philipp Lahm: Das ist schwer zu sagen. Aber es hat mit Sicherheit damit zu tun, dass ich schon andere, schlimmere Verletzungen erlitten habe. Der Mittelfußbruch und der Kreuzbandriss zogen Operationen nach sich, die viel längere Pausen nach sich zogen. Und mit dem Ellenbogen war es ja so, dass es „nur“ der Arm war. Das ist schon ein wesentlicher Unterschied für einen Fußballer, ob man nun am Bein und Fuß oder an einem anderen Körperteil verletzt ist.

Frage: Gibt es etwas Positives, das man aus solchen Verletzungen gewinnen kann?

Philipp Lahm: Bei der Ellenbogen-Verletzung war ich froh, dass ich schon andere Verletzungen hatte. Insofern wusste ich, es gibt schlimmere Sachen. Grundsätzlich sage ich aber: Lieber nicht verletzten!

Frage: Jürgen Klinsmann betont immer wieder, wie wichtig Sie für die Mannschaft sind. Spüren Sie, dass Ihre Bedeutung innerhalb des Teams gewachsen ist?

Philipp Lahm: Wir verstehen uns alle gut. Wir sind über Wochen zusammen, da wird man nicht nur auf die fußballerische Leistung reduziert, da baut man auch eine menschliche Beziehung auf. Sportlich trägt jeder seinen Teil zum Gelingen bei. Ich freue mich, dass es derzeit so gut bei mir läuft, und ich glaube, die Mannschaft tut das auch. Ich denke, ich werde anerkannt, wie jeder andere im Team auch.

Frage: Steigt denn mittlerweile der Druck auf Sie?

Philipp Lahm: Ich sage immer, dass ich mir den größten Druck selbst mache. Ich will gut Fußball spielen, ich will jedem beweisen, was ich kann. Ansonsten bin ich grundsätzlich ein positiver Mensch, ich gehe relativ locker durchs Leben. Ich weiß, woher ich komme, das ist auch ein Grund für meine Lockerheit.

Frage: Stimmt es, dass Sie sich mit Vogelgezwitscher wecken lassen?

Philipp Lahm: Ja, ich habe einen solchen Klingelton auf meinem Handy. Da hört man auch Blätter rascheln. Natur halt. Der war aber schon da drauf, habe ich nicht runtergeladen.

Frage: Wer ist Ihr Vorbild?

Philipp Lahm: Paolo Maldini. Er ist ein Super-Fußballer. Er hat jahrelang national und international auf höchstem Niveau gespielt, zahlreiche Titel gewonnen. Und ich habe auch gehört, dass er als Mensch schwer in Ordnung sein soll.

Frage: Und Jürgen Klinsmann ruft Sie auch schon so?

Philipp Lahm: Ja, das hat er vor ein paar Tagen mal aus Spaß gemacht, da hat er mich Paolo gerufen.

Frage: Haben Sie einen Spitznamen?

Philipp Lahm: Bei Bayern nennen Sie mich Wireless. Von Wireless-LAN. Das kam natürlich von Mehmet Scholl.

Frage: Denken Sie jetzt an Ihr erstes WM-Erlebnis zurück, an die Zeit, als Sie mit Ihrem Opa noch vor dem Fernseher gesessen haben?

Philipp Lahm: Ja, ich werde häufig gefragt, was mein erstes WM-Erlebnis war. Und das war eben die WM 1990. Und jetzt spiele ich selbst mit, mache gleich in meinem ersten Spiel ein Tor. Das ist mir in der ersten Sekunde so gar nicht bewusst geworden. Darauf bin ich dann aber hingewiesen worden, dass der Treffer in Highlight-Filmen gezeigt wurde.

Frage: Wann haben Sie denn das erste Mal daran gedacht, dass es mit Ihnen richtig weit gehen kann?

Philipp Lahm: Mit Sicherheit war das beim VfB Stuttgart, als ich meine ersten Spiele von Anfang an bestritten haben. Da merkt man dann, man kann in der Bundesliga mithalten oder gar in der Champions League mitspielen. Das es dann aber so klappt wie bei mir, dazu gehört auch Glück.

Frage: Es gibt Gerüchte, dass Ihnen ein Angebot vom FC Chelsea vorliegt. Können Sie dazu etwas sagen?

Philipp Lahm: Ich habe noch Vertrag beim FC Bayern München. Ich weiß von keinen Angeboten. Im Moment zählt aber nur die WM. Es macht einen Riesenspaß hier. Wir haben uns vorzeitig für das Achtelfinale qualifiziert und wollen jetzt den ersten Platz in der Gruppe holen.


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